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Tragbares Schorinophon



Nina Borisova
Mit Film und Stichel

Das tragbare Schorinophon wurde Ende der 1930er Jahre von der Leningrader Filiale der Hochschule für Telemechanik und Telegraphie (VGITIS) unter der Leitung von Alexander F. Schorin (1890–1941) entwickelt, dem Vater des russischen Tonfilms. Dieser Entwicklung vorangegangen war die Herstellung einer groß dimensionierten stationären Anlage, die mit hochqualitativen Verstärkern für Aufnahme und Wiedergabe ausgestattet war. Bei beiden Geräten kommt die elektromechanische Methode der Tonaufzeichnung zur Anwendung; der stationäre Apparat wurde für Studioaufnahmen in Filmindustrie und Rundfunkzentren entwickelt.

Das System der elektromechanischen Aufnahme auf einen Kinofilm hatte eine Reihe von Vorzügen. Es erlaubte, das Phonogramm unmittelbar nach der Aufnahme anzuhören – ohne weitere Bearbeitung des Films (Entwicklung, Fixierung, Wäsche) –, außerdem sorgte das elektromechanische Aufnahmesystem für eine verhältnismäßig einfache Konstruktion und Nutzung des Apparats im Vergleich zu optischen Aufnahmegeräten, weiters für geringe Kosten des Materials, weil ausrangierte Filme verwendet werden konnten – und es schuf die Möglichkeit, mehrere Stunden hintereinander ununterbrochen aufzunehmen.

Beim stationären Schorinophoin wurde für die Aufnahme ein Standard-35-mm-Film verwendet, auf dem man 50 Tonspuren unterbringen konnte. Die Aufnahmegeschwindigkeit betrug, wie auch bei Tonfilmanlagen, 465 mm/s; für acht Aufnahmestunden brauchte man 300 Meter Film.

Die Entwicklung des stationären Schorinophons in den 1930er Jahren wurde von den Erfordernissen des sich stürmisch entwickelnden sowjetischen Tonfilms diktiert. Aber im Unterschied zum Schorinophon verwendeten die Geräte für den Tonfilm die optische Methode der Tonaufzeichnung. Wie Schorin schrieb, arbeitete man in der UdSSR seit 1926 an tonaufzeichnenden und -abnehmenden Geräten, wobei originelle Prinzipien Eingang fanden, die weder in Europa noch in Amerika angewendet wurden. Die Ergebnisse der ersten Laborexperimente wurden von den sowjetischen Filmemachern sehr kühl aufgenommen – diese negative Reaktion konnte die Ingenieure, die von Schorin angeleitet wurden, indes nicht bremsen. Und so wurde am 5. Oktober in Leningrad am Nevskij Prospekt das erste Tonfilmtheater der UdSSR eröffnet, das mit einer von Schorins Laboratorium geschaffenen Apparatur ausgestattet war. Zum Glück fanden die weiteren Arbeiten des Labors staatliche Unterstützung und gute Finanzierung.

Für seine Arbeiten im Zusammenhang mit Tonaufzeichnungsapparaten wurde Schorin mehrfach mit staatlichen Preisen ausgezeichnet. Aber seine die Tätigkeit beschränkte sich nicht auf das Kino, er war in der UdSSR und im Ausland ebenso bekannt für seine Arbeiten auf anderen Gebieten: Radiotechnik, Telegraphie, Telemechanik und Fernsehen.

Das tragbare Schorinophon war eines der letzten Projekte, die von der „Tongruppe“ unter der Leitung von Schorin entwickelt wurde. Die Serienproduktion begann 1940 und dauerte nur ein Jahr, weil im Juli 1941 der Krieg begann. Nach dem Krieg wurde die Produktion von Schorinophonen nicht wieder aufgenommen; sie mussten moderneren Geräten zur Tonaufzeichnung weichen – den Magnetbändern. Nichtsdestoweniger wurden Schorinophone bis Ende der 1950er Jahre im Rundfunk zur Übertragung von früher hergestellten Aufnahmen verwendet.

 
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