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Schorin, Alexander F.


Schorin, Alexander F.
Heinrich Deisl
Alexander Fyodorovich Shorin: Tragbares Shorinophon

Tonaufzeichnung aus Filmstreifen: Das nach dem russischen Entwickler Alexander Fyodorovich Shorin benannte Shorinophon war eine Apparatur, deren Serienproduktion 1940 begann und mit dem Eintritt der UdSSR in den Zweiten Weltkrieg gut ein Jahr später wieder eingestellt wurde, das aber bis Ende der ’50er im Rundfunk zur Übertragung von früher hergestellten Aufnahmen verwendet wurde. Das Shorinophon ist wahrscheinlich eines des frühesten Beispiele von »Medienrecycling«, da als Aufzeichnungsband ausrangierte Kinofilmstreifen verwendet wurden. Shorin ist wohl eine der wichtigsten Personen der russischen Technikgeschichte in den Bereichen Kino, Ton und Radio. Er gilt als einer der Wegbereiter des Tonkinos und wurde mehrfach mit staatlichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Stalinpreis 1. Klasse (1941).

1890 in St. Petersburg geboren, trat Shorin 1911 ins hiesige Elektrotechnische Institut ein und war ab 1934 einer der wissenschaftlichen Projektleiter an der Leningrader Filiale der Gesamtrussischen Hochschule für Telemechanik und Telegrafie (VGITIS). Einige seiner Entwicklungen waren bereits um 1926 so weit gediehen, dass in Leningrad das erste Tonfilmtheater der UdSSR seine Pforten öffnete, ausgestattet mit einer Anlage aus Shorins Laboratorium. Um 1929 stellte er zusammen mit dem Konstrukteur P.G. Prager die erste sowjetische Film-Tonanlage vor. Sie ermöglichte es, die Kamera mit dem Tonaufzeichnungssystem zu verbinden. Dziga Vertov war einer der ersten, die diese Möglichkeiten für seinen Film »Entuziazm« nutzte. Darüber hinaus beschäftigte Shorin sich mit Radiotechnik, Telegrafie, Telemechanik und dem Fernsehen.

Anders als Fritz Pfleumer in Deutschland, der als der Erfinder des Magnettonbandes gilt und dafür einen mit Metallspänen beschichteten Papierstreifen verwendete, machte sich Shorin über Kinofilmstreifen her. Die Methode der Tonaufzeichnung war für das Shorinophon ähnlich der Schallplatte. Mittels eines Rubins oder Korunds wurden auf den 35mm-Film Rillen geritzt, deren Relief den ursprünglichen Klangwellen entsprach. Für die Wiedergabe wurde statt eines Ritzmessers eine Rubinnadel verwendet. Der Filmstreifen wurde in zwei Teile mit 20m Länge geschnitten, zu einem Möbiusbandartigen Ring verklebt und in eine Spezialkassette eingelegt. Die Aufnahmegeschwindigkeit korrelierte mit der beim Film, womit man für acht Aufnahmestunden 300m Film benötigte. Eigenartigerweise waren Vervielfältigungsmöglichkeiten der Phonogramme nicht vorgesehen. Shorin, der das Glück hatte, von der boomenden russischen Filmindustrie zu profitieren, konnte sich auf die staatliche Unterstützung seiner Erfindungen weitestgehend verlassen und bald Shorinophone nicht nur für Funkstudios, sondern auch für den Heimgebrauch entwickeln. Besonders für Letzteren versprach die Weiterentwicklung des stationären Geräts hin zum tragbaren Shorinophon die Erschließung einer großen Nachfrage. Diesem Ansinnen machte der Eintritt der UdSSR in den »großen vaterländischen Krieg« ein abruptes Ende. Alexander Shorin starb nur vier Monate später am 21. Oktober 1941 in Ulyanovsk.

 
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