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Minimoog



Andrej Smirnov
Am Anfang war die Mittagspause

Der Minimoog ist nicht nur der „klassische“ Synthesizer schlechthin, sondern auch einer der ersten, der erschwinglich war und somit eine weite Verbreitung, vor allem in der Rockmusik, fand. Anders als das modulare System, das Bob Moog selbst entwickelt und gebaut hatte, entstand der Minimoog in Teamarbeit. Vom Erfolg getragen, der sich 1968 mit der Veröffentlichung des Albums Switched-on Bach eingestellt hatte, beschäftigte Moog nicht weniger als 42 Leute, darunter ein ganzes Team von Ingenieuren. Da er aber 1969 ständig auf Vortragsreise war, um sein System zu präsentieren, lag die Entwicklung des neuen tragbaren Synthesizers hauptsächlich in den Händen seines Teams, wobei vom ersten Prototypen bis zur Produktionsreife nicht einmal ein Jahr verging. Die beiden Elektrotechniker Jim Scott und Bill Hemsath spielten dabei eine besonders wichtige Rolle: Nachdem sie den modularen Moog Dutzende Male hatten vorführen müssen, kamen sie auf die Idee, mit den am häufigsten verwendeten Modulen und Patches ein kleineres, vereinfachtes Modell zu bauen. Hemsath war nämlich aufgefallen, dass es ein paar sehr brauchbare Standard-Sets gab, die immer wieder auftauchten. Und so begann er, während seiner Mittagspause auf dem Dachboden von Moogs Betrieb, der mit kaputten Synthesizern vollgestopft war, jene Komponenten zusammenzusuchen, mit denen die bekanntesten Moog-Sounds erzeugt werden konnten: Oszillatoren, einen Filter, Hüllkurvengeneratoren, eine Tastatur. Ungefähr zwei Monate später, zum Erntedankfest, hatte er den ersten Kompakt-Synthesizer fertig gebaut. Hemsath fand sogar einen Namen für sein neues Instrument: Modell A Min, R. A. Moog Company, Trumansburg, der später jedoch in Minimoog geändert wurde.

Bob Moog war anfangs von diesem Projekt nicht sonderlich begeistert. Der Erfolg des modularen Moog aus dem Jahr 1968 hatte nicht besonders lange angehalten: Ende 1969 war der Markt für Modulsysteme eingebrochen und 1970 Moog das Geld ausgegangen. Als die Techniker langsam realisierten, dass der Min durchaus ein marktfähiges Produkt sein könnte, stand die Firma kurz vor dem Aus. Jim Scott: „Wir suchten sogar in den Fußbodenritzen nach Transistoren und testeten sie, um zu sehen, ob sie noch etwas taugten oder nicht.“1 Trotzdem entwickelte man Modell B. Es hatte ein neues, sehr ansprechendes Design, war kompakt, unabhängig und leicht zu transportieren. Es konnte daher nicht nur bequem mit zum Gig genommen, sondern auch einfach zur Reparatur in die Fabrik zurückgeschickt werden. Sun Ra erkannte als Erster das Potenzial von Modell B, nahm das Instrument mit und begann damit zu experimentieren. Modell B wurde ein Erfolg, was schließlich auch Bob Moog überzeugte, sodass er das Projekt nunmehr unterstützte. Er entwarf die Schaltkreise neu, im Speziellen die Oszillatoren, die viel stabiler wurden. Dieses neu entwickelte Modell C, das auch ein sehr ungewöhnliches Design erhalten hatte, wurde an Chris Swansen zum Testen vergeben. Bevor er damit zu seiner Europa-Tournee aufbrach, sagte Moog: „Chris, probieren wir doch etwas aus, denn irgendjemand wird es einmal fallenlassen.“2 Also ließen sie es gleich selbst fallen, und es ging natürlich in Brüche, aber sie konnten es irgendwie wieder zusammenbauen. Das war eine sehr wichtige Lektion, wie robust solche Geräte sein müssen.

Minimoog: wheels to control pitch and modulation, 1979Kurz danach entwickelte Don Pakkala (ein ehemaliger Maschinist) das Pitchrad. Zusammen mit Hemsath schuf er eine neue Version des Minimoog mit Steuerrädern für Pitch und Modulation – das klassischen Modell D, das auch das erfolgreichste werden sollte. Unglücklicherweise kam es aber zu spät auf den Markt: Bob Moog konnte sein Unternehmen nicht halten, dafür setzte der Minimoog für Jahrzehnte den Standard auf dem Synthesizermarkt.

Fußnoten:


1 Ebd., S. 221.

2 Ebd., S. 227f.

 
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