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Moog-Modularsynthesizer



Andrej Smirnov
Switch on, Bob

Der von Robert Moog (1934–2005) entwickelte modulare Synthesizer war eher eine Innovation denn eine Erfindung, ging er doch aus Tausenden verschiedenen Designentscheidungen und vielen Gesprächen und Diskussionen hervor.1 Die Elektronik hatte Bob Moog schon in jungen Jahren gefesselt. Er war erst 15, als er 1949 sein erstes Theremin baute – die Liebe zu diesem Instrument sollte ihn nie mehr loslassen. In den 1950er Jahren plante er die kommerzielle Produktion von Theremins, brach dieses Projekt jedoch ab, weil Clara Rockmore – die einzig wahre Theremin-Virtuosin – nicht dafür die Werbetrommel rühren wollte und jenem Instrument die Treue hielt, das Lew Termen speziell für sie gebaut hatte. Moog musste also bei seiner kleinen Produktion von Theremin-Bausätzen bleiben.

Das Konzept für den zukünftigen Moog-Synthesizer wurde 1963 entwickelt, als Bob Moog Herb Deutsch traf, der sich nicht nur für elektronische Musik interessierte, sondern auch ein enger Mitarbeiter und Freund wurde. Von Anfang an schwebte beiden ein tragbares elektronisches Musikstudio vor, das sie allerdings noch nicht „Synthesizer“ nannten. Einmal fragte Moog: „Was willst du damit machen können, Herb?“; Deutsch antwortete: „Sounds wie wuuu-wuuu-ah-wuu-wuu.“2 Tongeneratoren mit konstanter Frequenz frustrierten ihn, da er auch andere Parameter eines Klanges steuern wollte – und genau das sollte es dann auch werden.

Moog modular synthesizer: detail of the plug board, 1973. Die nächste entscheidende Erkenntnis betraf die Steuerung selbst. Moog hatte festgestellt, dass wichtige Parameter des Klanges dem Exponentialgesetz folgen. Da sich bei den neuen Siliziumtransistoren Eingangsspannung und Ausgangsstrom durch die gleiche Exponentialfunktion beschreiben lassen, konnte er diese Technologie als Basis für seine spannungsgesteuerten Klangerzeugungs und -manipulationsmodule nutzen und die Ansteuerung in Volt-pro-Oktave als Standard etablieren. Die einzelnen Module konnten somit beliebig miteinander verkabelt werden.

Als Moog 1964 einige seiner elektronischen Grundbausteine auf dem jährlichen Kongress der Audio Engineering Society vorstellte, kam der Erfolg selbst für ihn unerwartet: „Ich war dreißig, […] habe mich und mein Baukastensystem nie als Teil einer Industrie gesehen. Ich wusste nicht, was zum Teufel ich dort überhaupt machte.“3 Aber das System schlug ein, Moog konnte einige Aufträge an Land ziehen und hat sich Zeit seines Lebens mit nichts anderem mehr beschäftigt. Seine ersten Kunden waren Eric Siday, Alwin Nikolais und Lejaren Hiller, die nicht nur unterschiedliche Wünsche hatten, sondern denen er auch wertvolle Anregungen zur Weiterentwicklung der Komponenten verdankte. Als Eric Siday das erste große Modulsystem um 1.400 Dollar bestellte, bedeutete das ungefähr ein halbes Jahr Arbeit für zehn bis zwölf Module – spannungsgesteuerte Oszillatoren, Verstärker, Filter, Hüllkurvengeneratoren –, die Moog in ein Gehäuse mit Keyboard einbaute.

Etwa zur selben Zeit arbeiteten Ramon Sender und Morton Subotnick mit dem Elektronikspezialisten Don Buchla ebenfalls an der Entwicklung neuer elektronischer Geräte. Ohne zu wissen, was Moog an der Ostküste machte, wartete Buchla mit einer Erfindung auf, die sich im Grunde nur in einem Punkt wesentlich unterschied: Während die Ansteuerung von Moogs Systemen über eine normale Klaviatur erfolgte, bestückte Buchla das seine mit speziellen berührungsempfindlichen Pads. Die Folge war, dass der Moog-Synthesizer ein kommerzieller Erfolg im Rock- und Popbereich wurde, während die Buchla-Box in der experimentellen und elektroakustischen Musik großen Anklang fand.

Bis zum Oktober 1965 hatte Moog jene Module standardisiert, die als die 900er-Serie bekannt werden sollten. 1967 bot er erstmals einen kompletten „Synthesizer“ in drei Ausführungen an. Der größte kommerzielle Erfolg fiel in die Zeit nach der Veröffentlichung des Albums Switched-on Bach, das von Wendy (Walter) Carlos im Jahr 1968 eingespielt wurde und den Moog-Synthesizer berühmt machte.

Fußnoten:


1 Vg. für diesen und den Minimoog-Beitrag Trevor J. Pinch, Fank Trocco, Analog Days: The Invention and Impact of the Moog Synthesizer, Cambridge 2002, weiters Aufzeichnungen des Autors über Robert Moogs Vorlesungen am Moskauer Theremin Center im Jahr 1996.

2 Trevor J. Pinch, Fank Trocco, Analog Days: The Invention and Impact of the Moog Synthesizer, Cambridge 2002, S. 23.

3 Ebd., S. 29.

 
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