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Trautwein, Friedrich


Friedrich Trautwein
*11. August 1888 in Würzburg; † 20. Dezember 1956 in Düsseldorf

Volkstrautonium
Heinrich Deisl
Friedrich Trautwein

Es ist wohl kaum übertrieben, wenn man Friedrich Trautwein als einen der wegweisenden Pioniere zauberhafter Klangmaschinen bezeichnet. Das von ihm entwickelte Trautonium gilt neben dem Theremin als eines der wichtigsten elektrischen Musikinstrumente. Zusammen mit dem Komponisten Paul Hindemith und dem Pianisten Oskar Sala war Trautwein einer der Protagonisten, die in den frühen 1930ern Berlin für ein paar Jahre zu einem internationalen Epizentrum für elektrische Musik machten. In diesem Zusammenhang ist aber auch von grundsätzlicher Bedeutung, dass er sich nachhaltig um die Weiterentwicklung des Radios bemühte. Bei all seinen Verdiensten um Klang- und Bildkunst sollte indes nicht unerwähnt bleiben, dass Trautwein 1933 in die SA der NSDAP eingetreten war. Was ihm laut Peter Donhauser ermöglichte, nach der Schließung der Rundfunkversuchsstelle 1935 als Professor für Akustik an der Berliner Hochschule weiterzumachen. Die Nationalsozialisten standen generalisierend der neuen, elektrischen Musik gleichgültig bis skeptisch gegenüber, nach ihrer Machtübernahme waren daher – wie in vielen anderen Sparten auch – Parteieintritte eine opportune Möglichkeit, weiterarbeiten zu können.

Der am 11. August 1888 in Würzburg geborene Friedrich Trautwein kam schon als Kind zur Orgelmusik. Nachdem er am Konservatorium in Heidelberg Musik und technische Physik an der Berliner Technischen Hochschule studiert hatte, schloss er 1921 mit einem Doktoringenieur ab. Im folgenden Jahr erhielt er sein erstes Patent und arbeitete in Berlin für das Telegraphentechnische Reichsamt, wo er an der Entwicklung des ersten deutschen Rundfunksenders maßgeblich beteiligt war. Trautwein hatte praktisch von Anfang an die These vertreten, dass eine Entwicklung elektronischer Instrumente ohne Rundfunk undenkbar wäre. Zwei Jahre später erhielt er ein Patent für den ersten Resonanzfilter, ein Prinzip, auf dem das 1930 von ihm konstruierte Trautonium basierte. Das Trautonium wurde an der 1928 gegründeten Rundfunkversuchsstelle entwickelt, die an der »Staatlich-akademischen Hochschule für Musik« (der heutigen Universität der Künste) eingerichtet und von Siemens ausgestattet worden war und sich mit Rundfunk, Tonfilm bzw. Schallplatte beschäftigte. Heutzutage würde man eine derartige Einrichtung wohl Medienhochschule nennen. Die Forschungsstelle existierte nur für sieben Jahre, von ihr blieben experimentelle Filmmusikstudien von Hindemith und eben das Trautonium als markanteste Ergebnisse übrig. Durch Oskar Sala erfuhr das Trautonium sozusagen seine Meisterschaft: Sala hatte sich seit der Zusammenarbeit mit Hindemith und Trautwein praktisch ausschließlich dem Trautoniumspiel verschrieben und im Laufe seines Lebens mehr als 300 Filmmusiken für das Instrument komponiert. Mit Weiterentwicklungen wie dem für den Radioeinsatz tauglichen Konzerttrautonium, dem Mixturtrautonium und dem für den Massenmarkt konzipierten Volkstrautonium wurde das Trautonium zum wahrscheinlich erfolgreichsten elektrischen Musikinstrument dieser Periode. Trautwein konstruierte schließlich ab 1952 das Monochord, eine von ihm verbesserte Version des Trautoniums.

Nach dem Krieg führte er seine akademischen Tätigkeiten fort. Er gründete 1949 die »Bild- und Klangakademie – BIKLA« und 1950 die Tonmeisterschule an der Robert-Schumann-Hochschule (beide in Düsseldorf). Institutionen, die bis heute existieren. Friedrich Trautwein starb am 20. Dezember 1956 in Düsseldorf. Wahrscheinlich ist es nicht zu weit hergeholt, dass sich die Schwingungen, die von ihm ausgegangen waren, in dieser Stadt später wieder materialisierten: Kann es wirklich nur Zufall sein, dass einige der wichtigsten (Pop-)Elektronikbands wie Kraftwerk, Neu!, Mouse on Mars, Pyrolator, DAF und Die Krupps von dort stammen?

 
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